... Mehr am Zeitgeschehen orientieren sich die großflächigen Bilder von Pierre Fischer. Der 1968 geborene Franzose lässt mit Hilfe von Lack-, Öl- und Acrylfarben Elemente entstehen, die scheinbar ohne Zusammenhang nebeneinanderstehen. Dabei verschränken sich individuelles Schicksal und globale Entwicklung, die durch Symbole dargestellt werden und mal bedrohlich, mal beliebig erscheinen. Ein Glück, dass Fischer an einen Warnhinweis gedacht hat: Ein Pfeil zeigt in Richtung Notausgang...

NRZ-Artikel vom 24.06.2008 von Carsten Hein

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Moderne Botschaft in Patchwork-Manier
PLAUEN – Der Ausstellungsreigen der Galerie im Malzhaus beginnt im Neuen Jahr (vom 5. Januar bis 11. Februar) mit „(zeit: versetzt)“, mit dem Elsässer Künstler Pierre Fischer, der in Berlin lebt und arbeitet.
Modern und ungewöhnlich sind diese vorwiegend großformatigen Bilder in gemischten Techniken, wie Öl, Acryl und Lack auf Leinwand oder kleinere Motive auf Bruchstücken von Gipskartonplatten und Miniaturen in Aquarellmalerei. In vielen großen deutschen Städten, in der Schweiz, Frankreich, Schweden, Spanien, bis in den Iran sind seine Werke durch Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen bekannt und seit 2002 durch das Atelierprogramm des Senats Berlin gefördert. Pierre Fischers Kunst ist vielschichtig und entzieht sich dadurch oberflächlicher Wahrnehmungsmöglichkeit. Die spannend, aufschlussreiche Laudatio des Kunsthistorikers Colmar Schulte-Goltz aus Essen erläutert Motivationen und Intentionen des Künstlers, die durch dessen Gemälde auf moderne, kunstvolle Weise Botschaften vermitteln. Pierre Fischers Bilder konzentrieren sich nicht auf eine einzige Gattung darstellender Kunst.
Er mischt collageartig Naturimpressionen, Portraits, Bauwerkstelle und Handlungen, kombiniert in Patchworkmanier Erinnerungen mit realen Geschehnissen, bietet dadurch dem Betrachter einen riesigen Raum für Deutungsmöglichkeiten und eigene Kreativität.
Fischer bewegt sich auf der Höhe der Zeit, wirkt gesellschaftskritisch (die Fragwürdigkeit von Windparkanlagen in der Natur) stellt ganz normales Leben oder harmonische Glücksmomente von Menschen – das in seinen Bildern mehrfach wiederkehrende Motiv des Paares in anschmiegsamer Badelaune – dem Schrecken (zwei Gestalten in Schutzanzügen, die auf mögliche Gefahren irgendwelcher Kombination hinweisen) gegenüber, verbindet Geschichte mit der Gegenwart und wird dadurch gleichermaßen individuell, authentisch und innovativ. Gesichter der Personen erscheinen nicht erkennbar, obwohl man glauben mag, den Künstler selbst gelegentlich identifizieren zu können, sie präsentieren sich verschwommen, gleichsam als fotografisches Negativ, nicht greifbar und beklemmend.
Weißer oder schwarzer Rauch in raumgreifenden, bedrohlichen Wolken beherrschen das Geschehen („Fumee blanche“ und „Fumee noire“) oder das Inferno einer Detonation („Stiller Knall“) verbreitet mit intensiven Farbkontrasten (rot und schwarz) Angst und Tod.
Die Kunst von Pierre Fischer hat ihre eigene Ästhetik, verbunden mit multipler Aussagekraft, die der Betrachter auf seine Weise entdecken und deuten kann.
Angenehm impressionistische, elegant jazzige Eigenkompositionen des charmanten, französischen Berliners Thibault Falk am Flügel bildeten die angemessene, musikalische Umrahmung einer Exposition der außergewöhnlichen Art.

I. S.

VOGTLANDER ANZEIGER 08.01.2007

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